Durch meine Freundin Albina bin ich Mitglied im Priener Alpenverein geworden. Wir haben zusammen schon viele schöne Wanderungen im Chiemgau unternommen, aber die Vier-Tages-Tour vom 5. bis 8. September 2021 im Villnösstal war unbeschreiblich schön.
Erster Tag
Fünf taffe Teilnehmer zwischen 55 und 81 Jahren, vier Frauen und ein Mann, einschließlich unserer umsichtigen, stets fröhlichen Tourleiterin Albina, starteten um 8 Uhr zu unserer Gemeinschaftstour.
Aufgeteilt auf zwei Autos fuhren wir über den Brenner nach Südtirol zum Parkplatz Zanser Alm, wo uns Gudrun und Herbert schon erwarteten. Albina hatte einen Gepäcktransport organisiert, und so durften wir unsere schweren, vollgepackten Rucksäcke in einem Stadel deponieren, wo sie später von Martin, dem Wirt der Schlüterhütte, abgeholt wurden.
Endlich ging es los. Am Anfang noch leichten Fußes marschierten wir gen Schlüterhütte, nahmen uns aber auch immer wieder die Zeit, die grandiose Bergwelt zu bewundern. Die willkommenen Pausen nutzten wir um zu verschnaufen, denn die Luft wurde hier oben schon merklich dünner. Wie froh waren wir, nicht noch zusätzlich die schweren Rucksäcke schleppen zu müssen. Albina drängte jedoch zur Eile, denn die Wolken um uns herum wurden immer dunkler, und tatsächlich erreichten wir in letzter Sekunde trockenen Fußes die Schlüterhütte, unser Zuhause für die nächsten drei Tage. Gerade noch rechtzeitig: ein heftiger Graupelschauer überzog das Gebiet innerhalb von ein paar Minuten mit einer weißen Decke. Wir wussten die warme Gaststube sehr zu schätzen. Es dauerte nicht lange, und die Sonne war wieder da. Einige von uns waren noch unternehmungslustig, und so machten wir noch einen Abstecher zum Zendleser Kofel. Dort kamen wir in den musikalischen Genuss einer sehr emotionalen Danksagung, vorgetragen von einem Senner-Ehepaar, für einen unfallfreien Bergsommer. Noch ganz ergriffen von diesem Erlebnis stiegen wir wieder ab zur Schlüterhütte. Nach einem hervorragendem 4-Gänge-Menü und einem mystischen Sonnenuntergang fielen wir müde und erfüllt von den Eindrücken des ersten Tages ins Bett.
Zweiter Tag
Am nächsten Morgen weckte uns strahlender Sonnenschein, und nach einem reichhaltigen Frühstück sind wir bei herrlichem Wetter zum Dolomitenhöhenweg aufgebrochen. Unsere Herzen sind von der überwältigenden Schönheit der bleichen Berge aufgegangen. Albinas großes Wissen über die Pflanzenwelt der Bergwiesen hat diesen Eindruck noch verstärkt. Nun kennen wir außer Enzian und Edelweiß u.a. auch die Witwenblume, und können stolz erklären, dass es sich hierbei nicht um eine Pflanze handelt, mit der man unliebsame Ehemänner um die Ecke bringt, sondern dass es sich vielmehr um eine alte Heilpflanze handelt, mit der man früher z.B. die Krätze behandelt hat, daher auch der botanische Name Scabiose. Der Heimweg führte uns über die Medalgesalm, und Albina erzählte uns von einem bayrischen Schriftsteller namens Jürgen König, der mit seinem Hund Schnaps ein Jahr lang ohne Strom und Telefon auf dieser Hütte gelebt hat und darüber ein Buch geschrieben hat. Nach einem leckeren Kaiserschmarrn und beschwipst vom Zirbenschnaps ging es wieder zurück zur Schlüterhütte. Dieser zweite Abend endete mit einem lustigen Würfelspiel, und wir versuchten vergebens, unserer Klara das Schummeln beizubringen.
Dritter Tag
Am nächsten Morgen ließen wir es uns nicht nehmen, auf einem kleinen Hügel oberhalb der Schlüterhütte den Sonnenaufgang zu betrachten. Überwältigt von dem Schauspiel, das sich uns bot, als sich die Sonne ihren Weg durch die Nebelfetzen bahnte, konnten wir uns kaum losreißen. Aber wir hatten heute noch einiges vor, darum beeilten wir uns, zur Hütte zurückzukehren und nach einem stärkenden Frühstück mit leichtem Gepäck die Besteigung des "kleinen " Peitlerkofels in Angriff zu nehmen. Beschwingt von der klaren Morgenluft genossen wir den wunderschönen Weg auf dem Dolomitenhöhenweg, heute in nördlicher Richtung. Wir betrachteten entzückt die Murmeltiere, die uns links und rechts des Weges genauso neugierig beobachteten wie wir sie. Als plötzlich in seiner ganzen Pracht der Peitlerkofel vor uns auftauchte, blickten wir alle respektvoll nach oben, und jeder von uns fragte sich wohl insgeheim, ob er da wohl auch hinauf käme. Aber Albina nahm uns unsere Bedenken, und letztendlich standen wir alle nach gut zwei Stunden überglücklich auf dem Gipfel des Peitlerkofels. Mit einem Chiemsee-Kräuterlikör, den Gudrun am Vorabend verteilt hatte, stießen wir auf unseren grandiosen Gipfelerfolg an. Als absolutes Highlight und zur großen Freude von Regina, die an diesem Tag ihren Namenstag feierte, sang uns Klara mit glockenheller Stimme ein ergreifendes Lied vor. Beseelt von diesem Erlebnis und nach ausgiebiger Betrachtung der umliegenden Bergwelt traten wir den Rückweg an. Mit dem guten Gefühl, sich das wieder einmal hervorragende Abendessen auch verdient zu haben, beendete eine gemütliche Ratschrunde diesen ausgefüllten, erlebnisreichen Bergtag.
Vierter Tag
Am letzten Tag hielt Albina noch eine Überraschung für uns bereit. Sie wählte für den Abstieg einen "kleinen" Umweg über den Adolf-Munkel-Weg und die Gschnagenhardtalm, die in einem Bergführer als eine der schönsten Almen der Dolomiten bezeichnet wird. Wir waren verzaubert von dem unbeschreiblich schönen und faszinierenden Märchenwald entlang der Geislerspitzen. Berauscht von den unglaublichen Eindrücken kehrten wir noch auf der Alm ein, wo wir vom Wirt mit einem Ständchen auf der Ziehharmonika empfangen wurden. Herz, was willst Du mehr? Bei Knödeltries und Kaiserschmarrn ließen wir die vergangenen vier Tage Revue passieren und kamen zu dem Ergebnis, dass es nicht schöner hätte sein können. Wir sind zu einer richtigen fröhlichen Familie zusammengewachsen und beschließen einstimmig, dass wir auch nächstes Jahr wieder dabei sind, wenn es heißt: AV-Tour mit Albina, wohin auch immer....! - Sie hat uns verraten, dass sie schon ein lohnendes Ziel vor Augen hat!
Rosemarie Sämmer